Tag: Einkaufen

  • Das Widerrufsrecht gehört abgeschafft

    Angenommen, Sie möchten online ein Smartphone kaufen. Wie würden Sie vorgehen?

    1. Sie bestellen ca. 6 Geräte, testen diese und schicken 5 davon zurück.
    2. Sie informieren sich ausführlich vor dem Kauf, bestellen dann ein Smartphone und schicken dieses nur in seltenen Ausnahmefällen zurück.

    Falls Sie in die erste Kundengruppe fallen: Glückwunsch, Sie sind der Alptraum jedes Versandhändlers. Rechtlich müssen Sie sich zwar nichts vorwerfen lassen, wenn Sie beim Kauf teurer elektronischer Geräte wie beim Kleidungskauf vorgehen. Wirtschaftlich ist dies aber eine Katastrophe, da die ausgepackten und ausprobierten Geräte nicht ohne weiteres als Neuware verkauft werden können.

    Bisher haben besonders die großen Versandhändler dieses Verhalten geradezu gefördert: die Rücksendung wurde so einfach wie möglich gemacht, ein Wertersatz wurde nicht verlangt. Die Überlegung dahinter: wer einfach zurücksenden kann, bestellt auch eher etwas. Die Rechnung geht allerdings nicht mehr auf, wenn Neuware in kürzester Zeit und in großer Zahl in Gebrauchtware verwandelt wird. Man stelle sich vor, ein (stationärer) Verbrauchermarkt würde potenzielle Kunden einladen, das Lager zu verwüsten und dabei noch die Kosten für die Anfahrt und das Parkhaus übernehmen. Absurd, aber so ähnlich stellt sich die Situation im Versandhandel dar.

    Dies führt nun zu Konsequenzen: Einem Bericht auf Caschys Blog zufolge greift Amazon.de seit kurzem hart durch und sperrt einzelnen Kunden wegen zu häufiger Rücksendungen das ganze Konto. Für die Betroffenen ist dies besonders ärgerlich, wenn z.B. auch der Kindle an diesem Konto hängt. Eine vorherige Warnung soll es nicht gegeben haben, rechtlich war dies aber vermutlich nicht anders möglich: Eine “gelbe Karte” hätte man als unzulässige Einschränkung des Widerrufsrechts ansehen können (siehe z.B. hier).

    Meine Meinung: Dieses komplizierte, volkswirtschaftlich unsinnige und umweltschädliche Widerrufsrecht sollte vollständig abgeschafft werden. An seine Stelle könnte eine standardisierte Darstellung der Rücknahmebedingungen treten. Folgende Punkte müsste der Kunde unmittelbar erkennen können:

    • Erlaubt der Shop generell Rücksendungen wegen Nichtgefallens?
    • Innerhalb welcher Frist?
    • Sind die Rücksendungen nach Anzahl oder Wert eingeschränkt?
    • Wird ggf. Wertersatz geltend gemacht?
    • Werden die Rücksendekosten erstattet?

    Das ließe sich sogar als einfache Ampelkennzeichnung lösen. Kunden könnten somit einen zu ihrem Einkaufsverhalten passenden Händler wählen. Auswahlbesteller könnten dort zuschlagen, wo Rücksendungen unbeschränkt und kostenfrei möglich sind*. Wer sich dagegen vor dem Kauf informiert hat, könnte woanders zu günstigeren Preisen einkaufen und zudem sicher sein, einen unbenutzten Artikel zu erhalten.


    * Der stationäre Einzelhandel wäre auch eine Alternative. Nicht jeder muss alles online kaufen.

  • Luxemburg: Pornos, Steuerhinterziehung und Megakrise

    Wenn Luxemburg in der europäischen Presse erwähnt wird, dann erfolgt dies selten in einem schmeichelhaften Zusammenhang. Kleine Presseschau der letzten zwei Tage:

    Kein Wunder, dass manch potenzieller Geschäftspartner da schon fast panisch reagiert:

    “Sie sind in Luxemburg? Das habe ich ja gar nicht gesehen!”
    “Dadurch entsteht Ihnen aber kein Nachteil und Sie erhalten die Waage ja auf Rechnung…”
    “Oh Gott oh Gott, stornieren Sie den Auftrag mal ganz schnell.”

    Ein solches Telefonat ist zum Glück eine seltene Ausnahme. Unternehmen mit operativem Geschäft in Luxemburg arbeiten nicht weniger seriös als in anderen EU-Ländern. Eher ist das Gegenteil der Fall: In Luxemburg benötigt jeder Händler eine Niederlassungserlaubnis1 (auch Handelsermächtigung genannt), die erst nach “Prüfung der beruflichen Befähigung sowie der beruflichen Ehrenhaftigkeit”2 vom Mittelstandsministerium ausgestellt wird.

    Wer spektakuläre Fälle von Vorkassebetrug sucht, wird daher schneller in Deutschland3 fündig. In Luxemburg ist mir nur ein einziger Fall bekannt, in dem die Kunden eines Online-Shops ihr Geld verloren haben: die Insolvenz des 1973 gegründeten Elektronikhändlers Topvision4 vor 4 Jahren. Recherchen zu diesem Thema führten ansonsten nur zu Luxemburger Opfern, die in anderen Ländern einkaufen wollten und dabei etwas zu vertrauensvoll waren – so, wie dies in einem kleinen Land wie Luxemburg noch üblich ist.


    1Siehe guichet.lu (französisch)
    2 IHK Trier: Unternehmensgründung in Luxemburg (PDF)
    3 Ein Beispiel von vielen: Online-Betrüger muss sieben Jahre hinter Gitter
    4 Siehe Handelsregister Luxembourg B10943

  • Shopping in Luxembourg? Nicht nach 18:00h.

    Die Fußgängerzone in Luxemburg-Stadt, mitten im Herzen des “Pôle de Commerce de la Grande Région” (POC), erinnert gegen 18:00h ein wenig an Deutschland bis Mitte der 90er Jahre: Fast alle Geschäfte schließen um diese Uhrzeit oder spätestens eine halbe Stunde später ihre Türen.

    Besucher sind darüber meistens sehr erstaunt und stellen unweigerlich die gleiche Frage: Wie sollen “normal arbeitende Menschen” bei so eingeschränkten Ladenöffnungszeiten einkaufen? Mögliche Antworten wären z.B. “gar nicht” (es gibt ja noch die Shoppingcenter) oder “am Samstag”.

    Sieht man sich den neuesten STATEC-Bericht zur “Erwerbstätigkeit und Nichterwerbstätigkeit” der Luxemburger Bevölkerung an, ist die korrekte Antwort wohl, dass der relativ kleine Anteil “arbeitender Menschen” keine längeren Öffnungszeiten rechtfertigt:

     LuxemburgerAusländer
    Erwerbstätig39.5%48.5%
    Schüler, Student22.2%20.8%
    Ohne Angabe, jünger als 15 Jahre1.1%2.4%
    Arbeitslos, ohne vorherige Erwerbstätigkeit0.4%0.8%
    Arbeitslos, vorherige Erwerbstätigkeit1.7%4.0%
    Im eigenen Haushalt tätig10.0%7.1%
    Rentner16.6%8.4%
    Eigentümer, von Vermögen lebend0.2%0.1%
    Andere Situation, ohne Erwerbstätigkeit8.3%8.0%

    Mir soll’s recht sein. Ohne Einkaufsgefahr früh Abends in einem der guten Restaurants in der Innenstadt essen gehen zu können, betrachte ich durchaus als einen Pluspunkt für den POC.