2009-10-16

Permalink 18:18:47 von Stephan, Kategorien: Deutsch , Schlagworte: belästigung, loswerden, vertreter

Gestern musste ich wieder an Schmidt denken. Denn gestern bekam ich eine E-Mail von Editus (dem Herausgeber von Telefonbüchern in Luxemburg), in der vor den betrügerischen Aktivitäten eines Anbieters (nutzloser) Online-Anzeigen gewarnt wurde.

Viele Kunden, so stand in der E-Mail, hätten sich über dessen aggressive, an Belästigung grenzende Verkaufsmethoden beschwert.

Das erinnerte mich an zwei Vertreter, nämlich - ironischerweise - an eine Dame von Editus und eben an Schmidt.

Zur Editus-Beraterin gibt es nicht viel zu sagen, kurz nach der Gründung unseres Unternehmens meldete Sie sich telefonisch und lies sich nicht davon abhalten, persönlich vorbeizuschauen. In dem Verkaufsgespräch war ich ihr als frischer Uni-Absolvent gnadenlos unterlegen. Bedenkzeit? Geht nicht, würde sie den Auftrag nicht sofort bekommen, wäre eine Aufnahme in das nächste Telefonbuch nicht mehr möglich.

Vielleicht stimmte das ja, ich habe es nie überprüft. Die teure Anzeige erwies sich als weitgehend nutzlos und im nächsten Jahr machten wir der Vertreterin klar, dass sie - wenn sie denn unbedingt darauf bestand - gerne vorbeikommen dürfte, wir aber garantiert keinen kostenpflichtigen Eintrag mehr buchen würden. Sie verzichtete dann auf den Besuch.

So einfach ging das bei Schmidt nicht, denn Schmidt kündigte sich grundsätzlich nicht vorher an. Eines Tages stand er einfach mit seinen Produkten vor der Tür (vielleicht war ihm unser luxuriöser Eintrag im Telefonbuch aufgefallen).

Schmidt hieß nicht wirklich so, aber der Name passte irgendwie zu ihm. Er trug gerne billige Plastikanzüge und schwitzte entsprechend bei jedem Wetter. Das Foto oben kommt ihm recht nahe, er war einerseits abstoßend, andererseits musste man einfach Mitleid mit ihm haben. Bei seinem ersten Besuch war ich so überrumpelt, dass ich ihm allerlei Zeugs abgekauft habe.

Als Schmidt kurze Zeit später wieder unangemeldet vor der Tür stand, habe ich ihm ausführlich die Funktionsweise und die Vorteile eines Telefons erklärt. Vielleicht, so dachte ich, hatte das zuvor einfach niemand getan und es war ihm nun zu peinlich, jemanden zu fragen. Leider hat Schmidt trotzdem nie telefonisch einen Termin vereinbart. Ein Mal rief er an und teilte mir mit, dass er in 10 Minuten eintreffen würde. Bei seinem Besuchsversuch in der Woche vorher hatte meine Kollegin ihn nämlich an der Tür abgewiesen und ihm erzählt, ich wäre auf Geschäftsreise (ich konnte dann den Rest des Tages nicht mehr ans Telefon gehen).

In einem größeren Unternehmen würde man einen Typen wie Schmidt vermutlich den halben Tag in einem fensterlosen Raum bei kaltem Kaffee auf seinen Gesprächspartner warten lassen. Diese Möglichkeit hatte ich in unserer kleinen Firma leider nicht.

Versucht habe ich vieles:

  • Direkte, offene Ansprache: Da Deutsch nicht seine Muttersprache war, tat er dann einfach so, als hätte ich etwas völlig anderes gesagt ("Sie können nicht einfach hier auftauchen!" -> "Ja, der Kaffee damals war sehr lecker!").
  • Grundsätzlich nichts mehr direkt bei ihm bestellen: Alle Bestellungen verschickte ich nur noch per E-Mail an seine Firma. Irgendwann, so hoffte ich fälschlicherweise, würde ihm die Nutzlosigkeit seiner Besuche auffallen.
  • Gnadenlose Bloßstellung statt Mitleid: Als Schmidt mir irgendwann "neue" Artikel zeigte, ging ich an meinen PC und druckte ihm die Preise eines anderen Lieferanten aus: identisches Produkt, über 50% günstiger. Schmidt tat ernsthaft überrascht und rief "wütend" seinen Chef an.

Nichts davon half, er fuhr weiterhin Hunderte von Kilometern um in den unpassendsten Momenten meine Zeit zu stehlen.

Mir wurde klar, dass ich nur eine Chance hatte: Schmidt musste seine eigene bittere Medizin kosten. Ich musste ihn zu etwas überreden, was seinen Interessen widersprach. Dieses sonst nur seinen Kunden bekannte unangenehme Erlebnis würde ihn hoffentlich von weiteren Besuchen abhalten.

Das klang in der Theorie schlüssig, aber wie sollte ich dies umsetzen? Ihm selber Waren anderer Hersteller zu verkaufen war so aussichtslos wie der Versuch, Michael Moore mit manipulierten Videoaufnahmen in die Enge zu treiben. Vermutlich hatte Schmidt ohnehin kein Geld dabei.

Am Ende habe ich ihm immerhin ein Steckernetzteil abgeschwatzt, kostenlos. Seinen mitleidigen Widerstandsversuch ("das kostet eigentlich 26€") habe ich in gewohnter Schmidt-Manier so interpretiert, wie es mir passte ("danke, sehr nett von Ihnen").

Ich bin noch mit ihm zu seinem Auto gegangen, um meine Trophäe in Empfang zu nehmen. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.

2009-10-11

Anuga 2009

Continuing my month of actually useful posts, here's my report from the "world's largest and most important food trade fair". The Anuga 2009 opened its doors in Cologne on Saturday and if you're interested in vegetarian food, you might want to consider visiting the following booths (certainly not an exhaustive list):


FIT FOOD
- hall 5.1 booth B89 - www.fitfood.be

Fit food's vegetarian delicacies contain no meat and - surprisingly - no soy, either. Instead, they're made from wheat, cereals, vegetables and eggwhite. This is really something different from the other "vegetarian meat" products on the market. I was quite impressed by the samples I tasted. It's a pity these products are currently not sold in Luxembourg, even though their production plant is in Belgium.


Katotofu
- hall 5.1 booth D87 - www.katotofu.de

This German company makes a lot more than "just" 7 varieties of tofu. I tried a "MangoCurry SnackBall" (I think) and can confirm that it tastes great even when it's cold (as advertised). Their "Nürnberger" sausages looked scaringly realistic.


Lord of Tofu
- hall 5.1 booth D43 - www.lordoftofu.de

No less than 19 varieties of tofu are produced by this German company. All are said to have a distinctive taste due to a secret ingredient Kombucha. They also make spreads for bread and, well, Kombucha.


Tofutown
- hall 5.1 booth D28 - www.tofutown.com

Finally a company I already knew, because their "Viana" brand is sold at organic stores and the Cactus chain of supermarkets in Luxembourg. Unfortunately my girlfriend rarely lets me buy any of their products because she thinks they're much too salty (I disagree, but then again, we Germans like to eat crazy amounts of salt). They were also showing soy milk, cream and soy cheese products (Soyatoo brand) which I didn't see anywhere else.


Alfa Sorti
- hall 4.1 booth E75 - www.alfasorti.sk

This was really a surprise: A Slovakian company making "vegetarian chicken" and "vegetarian beef" from soy. Unlike many other meat-like products (particularly those made from tofu), Alfa Sorti's products have a realistic texture (I think, it's been a while since I ate any actual meat).


Vegefarm / Soyes
- hall 4.2 booth B95 - www.vegefarm.com.tw www.soyes.eu

Vegetarian chickenVegetarian chicken at the Vegefarm booth

If you haven't been to Taiwan yet, prepare to be totally amazed because some of these "vegetarian meats" actually taste better than the real thing. "Beef", "chicken", "pork", "fish", it's all there and you can try everything (this booth alone might be worth the entrance fee if you hang around long enough).


Gu Wang
- hall 2.1 booth E10 - www.guwang.com.tw

If you've had enough of tofu and "vegetarian meat" by now, here's something deliciously different: Gu Wang (also from Taiwan) makes vegetarian soups, sauces and seasonings. Many of their products are made with Shiitake mushrooms, which I love. If you're wondering what exactly they mean by "brewed delicacies", try the coffee soy sauce.



You can still visit the Anuga 2009 until October 14 (please note this trade fair is "for trade visitors only").


Back to reality

One of my brothers lives in Cologne, so I dropped by to say hello and have dinner together before driving back to Luxembourg. I chose to go to a no-frills organic restaurant close to his place (much to his disapproval). This restaurant, which has superb visitor ratings, turned out to be... closed. From the way it looked, it may be closed for good. I wasn't really hungry, but disappointed nonetheless. Maybe I should move to Taiwan, it's not that restaurants don't go out of business there, it's just so much easier to find good vegetarian food.

2009-10-08

Permalink 08:54:45 von Stephan, Kategorien: Deutsch , Schlagworte: alakrana, cae aviation, eu navfor somalia, operation atalanta

Wer Luxemburg nur mit Banken, Tankstellen und Schwarzgeld assoziiert mag sich beim Lesen der Meldungen über die Entführung des spanischen Fischfabrikschiffs Alakrana Ende letzter Woche gewundert haben: In einigen Presseberichten war nämlich von Aufklärungsflugzeugen aus Luxemburg die Rede, die bewaffnete Personen an Bord des Schiffs gesichtet hätten.

Verwunderlich ist dies, weil Luxemburg gar keine Luftstreitkräfte hat. FOCUS-Reporter Thomas Wiegold schreibt dazu in seinem Blog:

Die luxemburgische Regierung hat dafür die Firma CAE Aviation angeheuert - mir scheint es das erste Mal zu sein, das in einer EU-Militärmission eine genuin militärische Aufgabe wie Aufklärung an eine Zivilfirma vergeben wird [...].

Die im Internet hierzu verfügbaren Informationen sind spärlich, neben dem von Wiegold verlinkten Artikel von Nicolas Gros-Verheyde hat die Zeitung Seychelles Nation Ende August über die Flugzeuge aus Luxemburg berichtet. Die auf den Seychellen stationierten Maschinen des Typs Fairchild Swearingen Merlin IIIA sind vermutlich seit September im Rahmen der multinationalen Mission EU NAVFOR Somalia – Operation Atalanta im Einsatz und wurden anscheinend 2003 von den belgischen Luftstreitkräften an CAE Aviation verkauft.

In den Online-Auftritten der Luxemburger Medien konnte ich zu diesem Thema ebenso wenig finden1 wie auf der Website der Regierung. Der kommunistischen Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek zufolge wurde auch die Bereitstellung eines Aufklärungsflugzeuges für den Einsatz zur Grenzssicherung auf Malta von der Regierung nicht per Pressemitteilung publiziert. Dieses Flugzeug gehört ebenfalls CAE Aviation.2


1 Das Tageblatt hat die Luxemburger Aufklärungsflugzeuge in einem Artikel über den Angriff auf das spanische Schiff erwähnt, ohne weiter auf deren Einsatz einzugehen.
2 Artikel im "Malta Independent"

2009-10-05

Permalink 13:53:45 von Stephan, Kategorien: Deutsch , Schlagworte: piratenpartei, piratepartei

Piraten in LuxemburgSchiff: © iStockphoto.com/kristyewing

Seit gestern gibt es auch in Luxemburg eine Piratenpartei, online zu erreichen unter www.piratepartei.lu (das "n" fehlt nicht etwa weil Piraten so sprechen, sondern weil das Lëtzebuergesch ist).

Link: Pressemitteilung zur Parteigründung

2009-10-03

Permalink 14:12:04 by Stephan, Categories: English , Tags: 2016, olympic games, olympics, rio, rio de janeiro
Rio de Janeiro, Brazil

This might give Rio a real chance to break out of the downward spiral which started when the government moved to the new capital city of Bogotá in the 1960's. It might also be a chance to correct the city's image abroad, which is mostly about drugs, slums and violence. It might even be a chance to actually reduce these problems.

Useful FAQ for anyone considering traveling to Rio

You might have read the post a few days ago about 90% of the content on the internet consisting of "garbage, dirt and scrap metals". This really affected me more than I wanted to admit at first. I realized that I have to be the change others want to see on the web, which is why I hereby designate October to be my month of actually useful posts, starting with this one!

Do I have to learn Spanish?

The Cariocas are certainly going to appreciate your efforts by charging you special prices on everything. However, you might be shocked to learn that many of them don't even speak proper Spanish. The insufficient command of their mother tongue is a consequence of the poor quality of public education and the frequent school closures due to nearby shootings.

Isn't Rio very dangerous?

Most travel experts say Rio isn't more dangerous than any other major city if you follow a few common sense rules, like traveling in a convoy of armored cars and employing a small battalion of local militia, which are readily available for hire (don't hire the ones that approach you right at the airport, they'll overcharge you). However, this is all going to change in 2016 as the number of tourist is expected to increase dramatically, thereby improving the "tourists to thugs"-ratio. This "safety of the herd" effect means that most of the visitors won't have to worry, because the thugs are only going to pick the slowest and fattest targets ("americanos").

What does "favela" mean? I booked a hotel located in one of these "favelas".

Don't worry, a favela is similar to a gated community with strictly controlled entrances and its own private security force.

I'm in Rio and it has been raining for weeks, WTF?

This is absolutely unheard of. Usually, the sun always shines in Rio. Really, this has never ever happened before. You should come back next year!

Speaking of rain, I want to take a quick trip to the Amazon rain forest, how do I do that?

Easy, just go to the main bus station ("Rodoviária Novo Rio") and buy a round-trip ticket to any of the scenic cities in the Amazonas. It might seem a bit expensive for such a short trip, but you have to consider this is going to be a once in a lifetime event.

Are there any movies I could watch to prepare myself? I already watched "Brazil", but now I'm having nightmares!

There's of course the official promotional video and then there's the best movie ever shot in Rio: Non c'è due senza quattro. You'll notice some similarities, like the lush green hills surrounding the affluent beachside districts.


Parabéns Rio de Janeiro! Parabéns Brazil! Parabéns América do Sul!
Sorry, Obama, but at least this should put an end to the "Obama is Hitler" bullshit (as Bill Maher said, Hitler got his Olympics).

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