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J'aime la Mehrschwätzigkeit

2009-12-04

J'aime la Mehrschwätzigkeit

Permalink 13:31:43 von Stephan, Kategorien: Deutsch , Schlagworte: luxemburg, mehrsprachigkeit, ohaus, sprachen

Inglorious Basterds ist eigentlich ein perfekt für Luxemburg geeigneter Film, schon alleine aufgrund der vielen Sprachen. Man sollte ihn sich nur nicht auf einem Fernseher mit sehr schlechten Lautsprechern in der Gesellschaft von Freunden angucken, welche die chinesischen Untertitel lesen können. Diese unterhielten sich während der gefühlten 5 Stunden Spieldauer angeregt darüber, wie böse doch die Deutschen waren und guckten mich hin und wieder etwas misstrauisch an, als ob ich gleich eine Maschinenpistole hervorholen und sie alle niedermetzeln würde. Was gar keine so schlechte Idee gewesen wäre, dann hätte ich vielleicht auch etwas verstanden.

Manchmal nerven viele Sprachen gewaltig und ich wünsche mir, es würde einfach überall Englisch gesprochen werden (Deutsch ist nicht nur aus historischen Gründen unzumutbar). Aber keine Sorge, wenngleich dies zu erheblichen globalen Effizienzsteigerungen führen würde und man die dann arbeitslosen Dolmetscher zu Altenpflegern, Ingenieuren oder was-angeblich-gerade-gebraucht-wird umschulen könnte, so wird es dazu nicht kommen. Schließlich ist die Sprache für viele Menschen wichtiger Teil der Identität, zudem kann man Wörter wie "Saudade" oder "übermorgen" nicht vernünftig auf Englisch übersetzen und letztendlich würden sich irgendwelche renitente Eingeborene bestimmt genau so wenig an ein Englischsprachgebot halten wie damals die Kinder im angeblich deutschsprachigen Feriencamp.

Aber das ist eine andere Geschichte und normalerweise mag ich sie ja, die Vielsprachigkeit in Luxemburg. Wenngleich manche meiner Luxemburger Freunde gerne über die Belastung jammern (vgl. auch hier), so sehe ich doch eine Reihe von Vorteilen gegenüber einsprachigen Ländern:

  • Man wird hier nicht für dumm gehalten, wenn man eine Sprache nicht perfekt beherrscht. In einsprachigen Ländern ist dies häufig der Fall.
    Spricht die Sprache nicht gut => ist doof.
    Hier ist die Überlegung eher:
    Spricht eine Sprache nicht gut => spricht sicher eine andere Sprache besser.
  • Normalerweise nervige Anrufe von Telefonverkäufern lassen sich wunderbar zum Sprachtraining missbrauchen. Fast alle der Anrufer sprechen nämlich nur Französisch und freuen sich unheimlich, wenn ich dann ganz langsam genau das als Frage wiederhole, was sie gerade gesagt haben (eine beliebte Übung im Sprachunterricht). Irgendwann soll ich dann mit einem deutschsprachigen Kollegen verbunden werden und kann bei der Gelegenheit auflegen.
  • Eine mehrsprachige Umgebung bietet genau die richtige Dosis amüsanter Missverständnisse, ohne das man sich dabei so blamiert wie in einsprachigen Umgebungen.

    Beispiele: "Möchtest du noch einen Pudding", fragte mich die Mutter eines Freundes kurz nachdem ich als Kind mit meiner Familie nach Brasilien gezogen war. "Nein danke, ich habe schon drei davon gegessen", antwortete ich. Wie ich später heraus fand, wäre die korrekte Übersetzung der Frage allerdings "möchtest du Fahrrad fahren" gewesen. Nun gut, immerhin wurde ich damals nicht ausgelacht, wie das im chinesischen Kulturkreis üblich ist. Dort kann man allerdings auch durch die falsche Betonung statt "ich bin krank" leicht "ich bumse Katzen" sagen, was wohl wirklich lustig ist.

    Dagegen ein Beispiel aus Luxemburg: Ein Französisch sprechender Kunden rief an und wollte ein Datenkabel für eine "Waus"-Waage haben. Auf meine Aussage, dass ich von dieser Marke noch nichts gehört hätte, entgegnete er, bei "Waus" hätte man ihn an uns als Händler verwiesen. Erst nach der Nennung der Modellbezeichnung wurde mir klar, dass er Ohaus-Waagen meinte. Wir einigten uns darauf, dass der "auf Französisch kaum aussprechbare Name" schuld an dem Missverständnis war.

Fazit: Mehrsprachigkeit gut; beim Gucken von Filmen schwätzende Leute schlecht.

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